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Studienreise nach Marseille mit MASTER KUNST LUZERN  (Studierende und Team)

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Eine Art These

Auf Reisen sind wir ständig dabei, die «reale» Reise in eine
«imaginäre» Reise zu übersetzten. Wir fotografieren, filmen,
skizzieren oder beschreiben – und all dies mit dem Ziel, das
Beschriebene, Gefilmte oder sonstwie Festgehaltene in einer
unbestimmten Zukunft zum Teil einer Erzählung über das vor Ort
Erlebte werden zu lassen. Man könnte auch sagen, dass wir
fortlaufend Aspekte des Moments in eine Art Speicher
übersetzen, aus dem sich dereinst die Elemente einer
Zimmerreise abrufen lassen. Diese Übersetzungsarbeit geschieht
weitgehend unbewusst, geradezu automatisch – und auch dann,
wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass wir dieses
gespeicherte Material für uns selbst oder Dritte je wieder
abrufen werden. Wie oft machen wir ein Bild und wissen dabei
doch schon, dass wir es nie jemandem zeigen und auch selbst
niemals wieder ansehen werden? Und tun es dennoch.
Bei diesem «Imaginieren», wie wir diesen Prozess des
Übersetzens und Speicherns nennen wollen, geht es einerseits
darum, die Reise für uns selbst fest zu halten – in erster
Linie weil wir wissen, dass wir nicht alles mit bekommen und
noch weniger im Kopf behalten können. Ich knipse jetzt, um es
später nochmals anschauen zu können – denn im Moment bin ich
eigentlich überfordert. Das «Imaginieren» ist also oft in
erster Linie dazu da, uns im Moment zu entlasten, uns zu
trösten. Anderseits geht es beim «Imaginieren» auch darum,
etwas für Dritte aufzubereiten, die Möglichkeit zu haben,
etwas zu teilen (Stichwort: Dia-Abend, Homecinema,
Ausstellung, Fotoalbum, Blog).
In unserem «Zeitalter des Bilder-Überschaums» (Jack Indurian)
steht eine solche Übersetzungs-Praxis stark in der Kritik –
und dies obwohl «es alle tun». Uns geht es hier nicht darum,
diese Praxis zu beklagen. Wir fragen uns eher, ob man nicht
viel gewinnen kann, wenn man diesen Übersetzungsprozess mit
Bewusstsein füllt und seine Manifestationen bewusst gestaltet.
Nur schon die Überlegung, was alles diesen Prozess
beeinflussen kann, ist hochinteressant. Wie kann man diesen
ständigen Übersetzungsprozess bewusster gestalten? Was und
wodurch wird unsere Übersetzungsarbeit beeinflusst.